„Ohne IQ wäre ich nicht mehr in Bremen.“

Vom IQ-Sprachkurs zur IQ-Koordination

„Ich wollte nicht hier bleiben“, versichert Hristina Hristova, „ich hatte schon zwei Mal meine Koffer gepackt“. Die aus Bulgarien stammende Frau war ihrem Freund im Februar 2012 nach Deutschland gefolgt. Vorgehabt hatte sie das nie, das Auswandern, aber der Liebe wegen verließ sie ihre Heimat. Ein mutiger Schritt. „Zu Hause hatte ich viele Freundinnen und Freunde, eine Familie“, erzählt sie, „und ich war jede freie Minute am Strand, hier dagegen gab es nur vier Wände für mich.“

Aller Anfang ist schwer

Ihr Freund wollte nach Deutschland, sie nicht. Er arbeitete bereits als Sub-Unternehmer im Trockenbau bei einer deutschen Firma. Hristina saß zu Hause und wartete auf ihn. Sie hatte keine Arbeitserlaubnis, die volle Freizügigkeit bekamen Bulgar*innen erst am 1. Januar 2014. Aber über ein Jahr darauf warten? Sie beschloss, die Zeit zum Deutsch lernen zu nutzen. Die Sprachkurse musste sie selbst zahlen. Wenn ihr Lebensgefährte nicht bereits Arbeit und Wohnung gehabt hätte, wäre das finanziell für die Beiden kaum zu stemmen gewesen.

Die Kursangebote, die die Bulgarin im Katalog der VHS fand, waren dürftig. Zwei Mal in der Woche ein paar Stunden. „Da kommt man nicht über wie heißt du und wie geht es dir hinaus“, sagt sie und schüttelt den Kopf, „dabei hatte ich genügend Zeit und ich wusste wie ich lernen kann.“ Sie versuchte sich selbst Deutsch beizubringen. Aber um aktiv sprechen zu können, musste sie die Sprache auch anwenden, also ging sie wieder zur VHS. „Ich hatte A1 Niveau und wollte auf A2 kommen, aber die Frau am Schalter sagte, ich müsse erst A1.2 machen. Ich versuchte, sie zu überreden, weil ich das Geld für einen weiteren Kurs sparen wollte, denn ich konnte ja auch zu Hause lernen.“ Erst als der VHS Mitarbeiterin klar wurde, dass Hristina Akademikerin war und damit lerngeübt, schlug sie ihr einen Intensivkurs für Schnelllernende vor.“ Sprache und Beruf hieß der Kurs und sei ganz neu. Das Angebot war für die Teilnehmenden kostenlos, weil es im Rahmen des IQ Netzwerk Bremen gefördert wurde. Der Kurs beinhaltete ein halbes Jahr lang intensives Sprachenlernen, Informationen zum deutschen Arbeitsmarkt, Bewerbungstraining und ein begleitetes Praktikum, das Hristina in Bremerhaven absolvierte. Ein Glücksfall!

IQ schafft Zugänge

Durch den IQ Kurs erfuhr die studierte Finanzwissenschaftlerin, dass die RKW Bremen GmbH, der Träger des IQ Netzwerkes Bremen, eine Teilzeitstelle in der Finanzverwaltung ausgeschrieben hatte. Sie bewarb sich und bekam den Job. Am 15. Januar 2014 stand sie bereits in Lohn und Brot.

„Mein Sprachniveau reichte jedoch noch nicht aus“, erinnert sich die Arbeitnehmerin. „Ich hatte Sorge, dass ich die Aufgaben nicht schaffen würde. Schließlich musste ich ja auch mit den Teilprojektpartnerinnen und -partnern sprechen und Mails verfassen.“ Hristina vereinbarte mit ihrem Arbeitgeber flexible Arbeitszeiten, so dass sie einen weiteren C1-Sprachkurs zu Ende machen konnte.

Hristina ist weiterhin Teil des IQ-Teams und zur Finanzcontrollerin aufgestiegen. Gemeinsam mit ihrer Finanzkollegin jongliert sie mit Zahlen und sorgt dafür, dass die Teilprojekte im IQ Netzwerk Bremen ihre Fördermittel erhalten. Die Sprache ist für sie dabei kein Problem mehr.

Mit ihrem damaligen Freund hat sie eine Familie gegründet. Sie haben geheiratet und eine Tochter bekommen. Sie haben Freundschaften geschlossen und sind in Bremen angekommen. „Mein Herz ist natürlich immer noch in Bulgarien, aber ich bin auch in Bremen zuhause, fühle mich wohl und möchte bleiben.“ Deshalb hat Hristina 2019 ihren Einbürgerungsantrag gestellt „Sonst bleibe ich immer die Ausländerin. Ich möchte mitbestimmen, was passiert.“ Seit Januar 2020 haben sie und ihre Tochter die doppelte Staatsbürgerschaft.

Ein absoluter Gewinn – für das RKW-Team, das IQ Netzwerk, für Bremen, für alle!