„Ein Baustein gegen den Fachkräftemangel“

4 Fragen zur Anerkennung frühpädagogischer Fachkräfte in Bremen

Wie steht es um die Anerkennung frühpädagogischer Fachkräfte in Bremen? Einblicke in die Praxis geben Iska Niemeyer vom IQ Teilprojekt „Ausgleichs- und Qualifizierungsmaßnahmen für zugewanderte pädagogische Fachkräfte“  und Jan Jerzewski von der Anerkennungsberatung Bremen.

1. Wie haben sich die (rechtlichen) Rahmenbedingungen zur Anerkennung frühpädagogischer Fachkräfte aus dem Ausland in Bremen seit Inkrafttreten des BQFG entwickelt? Gab es dabei besondere Meilensteine? Existieren berufsspezifische Besonderheiten im Anerkennungsprozess?

Jan Jerzewski: Die Anerkennung frühpädagogischer Berufe wird landesrechtlich im BremBQFG geregelt. Seit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes im Jahr 2014 gab es keine Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen. Eine Bremer Besonderheit ist, dass es im Bereich der Erzieher*innen eine Zweiteilung des Anerkennungsprozesses gibt (Anerkennung als staatlich geprüfte*r Erzieher*in und Anerkennung als staatlich anerkannte*r Erzieher*in) und damit auch zwei zuständige Stellen innerhalb der senatorischen Behörde für Kinder und Bildung.

Bei Antragstellung wird in vielen Fällen nicht sofort eine Gleichwertigkeit der ausländischen Ausbildung mit der bremischen festgestellt, sondern es werden für eine solche Anpassungsmaßnahmen auferlegt. Für die zahlenmäßig wichtigsten Berufe – Erzieher*in und Elementarpädagoge*pädagogin – existieren in Bremen Anpassungsmaßnahmen, die vom Paritätischen Bildungswerk im Rahmen des Förderprogramms IQ angeboten werden und auf die in den Bescheiden explizit verwiesen wird. 

Hervorzuheben ist, dass sich die Gestaltung der Bescheide – zumindest im Beruf Erzieher*in – seit 2015 gewandelt hat: Immer noch rechtssicher formuliert, sind die Bescheide nun auch noch klarer und für Antragstellende verständlicher formuliert.

2. Welches Qualifizierungsangebot (fachlich und sprachlich) gibt es in Bremen für frühpädagogische Fachkräfte im Anerkennungsverfahren – und wie kam es zustande?

Iska Niemeyer: Im Paritätischen Bildungswerk bieten wir zugewanderten Pädagog*innen auf ihrem Weg zur Anerkennung ein umfassendes Qualifizierungsangebot.  

In Zusammenarbeit mit der senatorischen Behörde haben wir eine fachliche Qualifizierung entwickelt, welche die in den Bescheiden aufgeführten Unterschiede „ausgleicht“ und dabei auch die Erwartungen und Anforderungen an die pädagogische Arbeit in Deutschland thematisiert.

Ausgehend von der Erkenntnis, dass allgemeine berufssprachliche Deutschkurse nicht ausreichend auf den doch sehr auf Kommunikation ausgelegten Beruf einer pädagogischen Fachkraft vorbereiten können, haben wir einen Fachsprachkurs Pädagogik entwickelt, der mit einer szenariobasierten Fachsprachprüfung abschließt. Uns freut sehr, dass die Behörden in Bremen die Sinnhaftigkeit eines berufsspezifischen Deutschkurses erkannt haben und somit das fachsprachliche B2-Zertifikat als Sprachnachweis für den Berufszugang anerkennen. 

Unsere Teilnehmenden müssen sich im Rahmen ihres Anerkennungsprozesses vielfältigen Herausforderungen stellen, so endet u.a. das Anerkennungsverfahren mit der Abnahme eines Kolloquiums bei der zuständigen Stelle. Eine individuelle (Lern-)Begleitung, insbesondere auch in der Schlussphase des Anerkennungsverfahrens, ist daher enorm wichtig.

Gemeinsam ist all unseren Projektteilen die enge Verknüpfung von theoretischen Inhalten mit den individuellen Praxis-Erfahrungen der Teilnehmenden sowie die Umsetzung einer sprachsensiblen Unterrichtsgestaltung. 

3. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit von IQ Netzwerk, den zuständigen Stellen, Qualifizierungsträgern und weiteren Akteuren bei der Anerkennung frühpädagogischer Fachkräfte in Bremen? Gibt es dabei Herausforderungen – oder auch inspirierende Ansätze, die für andere Bundesländer interessant sein könnten?

Jerzewski: Für die Zusammenarbeit zwischen zuständigen Stellen, dem Paritätischen Bildungswerk als dem Qualifizierungsträger für (früh)pädagogische Fachkräfte und der IQ Anerkennungsberatung ist die Eigenschaft Bremens als Stadt der kurzen Wege ein großer Vorteil. Kommunikation und Kooperation sind seit 2015 stetig enger und reibungsloser geworden. So gab es bei der zuständigen Stelle eine große Offenheit für Anregungen hinsichtlich der Gestaltung der Bescheide und der Kommunikation im Antragsverfahren. Der passgenaue Verweis auf einzelne Module der Anpassungsqualifizierung zeugt ebenfalls von einem koordinierten Vorgehen. 

In unklaren Fällen gibt es vor einer möglichen Antragstellung eine enge Zusammenarbeit zwischen der zuständigen Stelle und der Anerkennungsberatung, um mögliche fehlgeleitete Anträge und damit verbundene Enttäuschung und Zeitverlust zu verhindern. 

Niemeyer: Wir freuen uns sehr, dass das Land Bremen im Bereich der frühkindlichen Pädagogik die Möglichkeiten nutzt, die sich durch die Förderung von IQ ergeben. So konnten wir gemeinsam ein sehr differenziertes Qualifizierungsangebot entwickeln, aber auch neue Wege bestreiten und unseren Projektansatz auf eine weitere Zielgruppe übertragen: Für spanische Fachkräfte, die im Rahmen der Anwerbungsverfahren der Bundesagentur für Arbeit nach Bremen kommen, führen wir beispielsweise seit knapp 1,5 Jahren Qualifizierungen mit dem Ziel der Anerkennung zur*zum Erzieher*in durch. Das ist eine gute Möglichkeit, auch bei den Kita-Trägern weiter dafür zu werben, dass zugewanderte Pädagog*innen mit ihren Qualifikationen und Berufserfahrungen die pädagogische Landschaft in Deutschland bereichern können.

4. Angenommen, Sie haben einen Wunsch frei. Wofür nutzen Sie ihn?

Niemeyer/Jerzewski: Der Weg zur Anerkennung ist lang und herausfordernd. Die Teilnehmenden sehen sich vielfältigen Zuständigkeiten und komplexen Anforderungen gegenüber, die an sie gestellt werden und müssen sich sprachlich und fachlich neues Wissen aneignen. Wir hoffen sehr, dass es auch in den nächsten Jahren möglich sein wird, die Teilnehmenden von der Antragstellung bis hin zum Einstieg in den Arbeitsmarkt umfassend und individuell zu begleiten. Diese Faktoren sind ein Garant dafür, dass die Pädagog*innen dranbleiben und nicht aufgeben. Vielleicht ist es hier und dort auch möglich, die Prozesse noch weiter zu vereinfachen, z.B. durch eine Digitalisierung des Antragverfahrens.

Zudem wünschen wir uns, dass für zugewanderte Pädagog*innen ohne Chance auf Anerkennung Wege gefunden werden, sie dennoch in den pädagogischen Arbeitsmarkt zu integrieren. Denn der Fachkräftemangel im pädagogischen Berufsbereich ist deutschlandweit eklatant und diese Zielgruppe ist vielleicht nicht die einzige Antwort darauf, aber auf jeden Fall ein Baustein.

 

Das Interview führte die IQ Fachstelle Beratung und Qualifizierung.

 

Anerkennungsberatung Bremen

Beratung in der Arbeitnehmerkammer Bremen
Bürgerstraße 1
28195 Bremen
Telefon: 0421/36 30 1-954
E-Mail: anerkennung@wae.bremen.de

Beratung im afz (Arbeitsförderungs-Zentrum im Lande Bremen GmbH)
Erich-Koch-Weser-Platz 1
27568 Bremerhaven
Telefon: 0471/98 39 9-54
E-Mail: anerkennung@wae.bremen.de

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Ausgleichs- und Qualifizierungsmaßnahmen für pädagogische Fachkräfte

Paritätisches Bildungswerk Bremen

Iska Niemeyer

Telefon: 0421/17 47 2-43
E-Mail: iniemeyer@pbwbremen.de

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